Michael Frisch, Martin Louis Schmidt, Matthias Joa

v.l.n.r. Martin Louis Schmidt, Matthias Joa, Michael Frisch, Abgeordnete des Landtag Rheinland-Pfalz

Stellungnahme der Parlamentarischen Gruppe Drei Farben zur Novellierung der Hausordnung des Landtages

Im rheinlandpfälzischen Landtag ist am 15.6.2024 eine neue Hausordnung in Kraft getreten. Sie wurde von Landtagspräsident Hendrik Hering auf der Grundlage von Artikel 85 III 4 der rheinland-pfälzischen Landesverfassung erlassen.
Die neue Hausordnung sieht eine sog. Zuverlässigkeitsüberprüfung der Fraktionsmitarbeiter und daraus resultierende Zugangsbeschränkungen vor. Die Mitarbeiter haben zunächst nur Zugang zu ihrer jeweiligen Fraktionsgeschäftsstelle. Bevor sie eine Zutrittsberechtigung zu den übrigen Gebäuden insbesondere dem Deutschhaus erhalten, müssen sie einer Zuverlässigkeitsüberprüfung standhalten. Die Personendaten der Mitarbeiter werden mit den Datenbanken des Landeskriminalamtes und des Verfassungsschutzes abgeglichen. Als Beispiele für mangelnde Zuverlässigkeit werden u.a. „antisemische oder rassistische“ Äußerungen, das Verbreiten totalitärer oder menschenverachtender Ideologien oder die Verächtlichmachung des Parlamentarismus, genannt (Anhang § 6 II HausO). Bei Zweifeln an der Zuverlässigkeit oder fehlender Einwilligung, wird keine Zutrittsberechtigung erteilt.
Hering begründet die Novellierung mit dem „Schutz vor Demokratiefeinden“ und einer „wehrhaften Demokratie“:
Erklärt wird dies unter anderem mit der „Sicherheit der Abgeordneten“. Von unzuverlässigen Personen gingen Gefahren für Leib und Leben der Abgeordneten aus. Ein Beispiel aus der Vergangenheit für eine solche Gefahr durch eine unzuverlässige Person wird nicht genannt.
Zudem werden der „Schutz der Würde des Parlaments“ und die „Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Landtags“ angeführt.
Unsere Kritik:
Problematisch ist bereits die Rechtsgrundlage für die Zuverlässigkeitsprüfung. Es kann nicht angehen, dass eine politisch weisungsgebundene Behörde wie der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz über den Zugang unbescholtener, zum Teil jahrelanger Fraktionsmitarbeiter zum Parlament entscheidet. Der Verfassungsschutz ist keine justizielle Instanz. Ein polizeiliches Führungszeugnis reicht, wie bisher auch, als Nachweis für die Gesetzes- und Verfassungstreue völlig aus. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung vor.
Darüber hinaus könnte es sich um einen Eingriff in das freie Mandat des Abgeordneten handeln. Der MdL benötigt Fraktionsmitarbeiter zur Zuarbeit und ist keinen Weisungen unterworfen. Wenn die Mitarbeiter ihn nicht ins Parlament und in die Ausschüsse begleiten dürfen, ist das ein Eingriff in ihre Arbeit. Das könnte mittelbar das freie Mandat verletzen und die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Landtags tatsächlich beeinträchtigen.
Zudem könnte das Grundrecht auf freie Berufswahl betroffen sein, indem man Mitarbeitern einfach verbietet die Abgeordneten ins Parlament und in die Ausschüsse zu begleiten, nur weil sie in eine Zuverlässigkeitsprüfung nicht eingewilligt haben. Dabei sind die genannten Tätigkeiten wesentliche Teile ihres Berufes.
Am schwersten wiegt jedoch der Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot:
Verächtlichmachung des Parlamentarismus, antisemitische oder rassistische Äußerungen und das Verbreiten menschenverachtender oder totalitärer Ideologien sind (rechtlich) unbestimmte Begriffe. Es liegen keine genauen Definitionen vor und sie sind nicht trennscharf abzugrenzen.
Unbestimmte Begriffe, die sich jedweder objektiven Überprüfbarkeit entziehen, als Kriterien für die Zuverlässigkeit von Fraktionsmitarbeitern heranzuziehen, ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich.
Auch wenn es nicht explizit geäußert wird, ist es offensichtlich, dass sich diese Maßnahme nur gegen die AfD-Fraktion und ihre Mitarbeiter richtet. Diese sollen im politischen Wettbewerb geschwächt werden.
Weitere Schritte in diese Richtung sind schon in Planung. So prüft der Wissenschaftliche Dienst bereits weitergehende Maßnahmen wie die Kürzung und Streichung von Geldern für Fraktionsmitarbeiter, die sich „nicht zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen“. In Verbindung mit einer Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ durch den Verfassungsschutz könnte dies zu einem grundsätzlichen und vollständigen Entzug der Mitarbeiterfinanzierung bei AfD-Fraktionen führen. Dadurch würde diesen Fraktionen die Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben faktisch unmöglich gemacht und ihre Mitwirkung an demokratischen Prozessen weitgehend ausgehebelt.
Wir als Parlamentarische Gruppe „Drei Farben“ halten diese Entwicklungen gerade mit Blick auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für höchst bedenklich. Die etablierten Parteien sollten sich lieber durch Inhalte und konkrete Politik dem politischen Wettbewerb stellen, anstatt durch juristische Spitzfindigkeiten und verfassungsrechtlich fragwürdige Einschränkungen unbequeme Mitbewerber zu behindern.

Michael Frisch, MdL
Michael Frisch, Abgeordneter des Landtag Rheinland-Pfalz

Michael Frisch MdL: Warum ich aus der AfD ausgetreten bin

Liebe Freunde,
neun Monate lang habe ich vergeblich auf ein Umdenken in der AfD Rheinland-Pfalz gehofft. Mit den Neuwahlen zum Landesvorstand wurden die von mir beklagten Missstände noch einmal verfestigt. Auch meine persönlichen Erfahrungen bestätigen dies. Die Bemühungen, mich aus der Partei zu drängen, schreiten unverändert voran, mein Parteiausschlussverfahren wird konsequent und mit zum Teil rechtswidrigen Mitteln weitergeführt. Der Landevorstand hat gezielt, wenn auch erfolglos versucht, meine Wiederwahl als Kreisvorsitzender in Trier zu verhindern und die Listenaufstellung für den Stadtrat in seinem Sinne zu beeinflussen. Am Ende geriet dadurch die gesamte Stadtratsliste in Gefahr. Dennoch konnten wir unseren Stimmenanteil um mehr als 50% steigern und damit den verdienten Lohn für eine gute kommunalpolitische Arbeit in den letzten Jahren einfahren. Die neue fünfköpfige Stadtratsfraktion hat mir ihr Vertrauen ausgesprochen und mich zu ihrem Vorsitzenden gewählt.
Im Flut-Untersuchungsausschuss des Landtags hat Dr. Bollinger, mein Nachfolger als Obmann der AfD-Fraktion, seinen Abschlussbericht veröffentlicht. Dabei stellte sich heraus, dass er trotz einer ausdrücklichen Unterlassungsaufforderung meinerseits viele Seiten aus einem von mir verfassten Dokument wortwörtlich abgeschrieben hat, ohne dies kenntlich zu machen. Nachdem er es über zwei Jahre hinweg als mein Stellvertreter im Ausschuss nicht für notwendig gehalten, an den Sitzungen teilzunehmen, blieb ihm wohl kein anderer Ausweg, als sich die Arbeit anderer widerrechtlich anzueignen. Das zeigt einmal mehr, wes Geistes Kind er ist. Dies gilt auch für die jetzt in den sozialen Netzwerken präsentierte Film-Dokumentation über die Ahrflut. Diese Dokumentation ging auf meine Initiative zurück. Bereits 2023 wurden zahlreiche Aufnahmen gedreht, in denen ich über meine Aktivitäten und Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss berichte. Nichts davon findet sich in der finalen Version. Cancel culture für in Ungnade gefallene Personen, mögen ihre früheren Verdienste auch noch so groß sein. 1984 lässt grüßen!
Andere problematische Entwicklungen in der Partei kommen hinzu. Unter Mithilfe der jungen Alternative wurde die AfD zunehmend personell und programmatisch unterwandert und verändert. In Rheinland-Pfalz stehen dafür vor allem die Namen Bernd Schattner, Damian Lohr und Sebastian Münzenmaier. Immer wieder gibt es Grenzüberschreitungen nach Rechtsaußen, die vom Bundesvorstand nicht konsequent unterbunden werden, weil man es sich mit den entsprechenden Protagonisten und Lagern in der Partei nicht verderben will. Ein weiterer Punkt ist der vor allem von den Ostverbänden der Partei vertretene staatsgläubige Ansatz in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Dieser steht im Widerspruch zur ursprünglich marktwirtschaftlichen Orientierung der AfD und ist mit meinem freiheitlichen Denken nicht vereinbar. Große Probleme habe ich auch mit dem neuen Kurs in der Außen- und Sicherheitspolitik: Nähe zu Russland und China, anhaltende Debatten um einen NATO-Austritt oder eine Aufgabe der Westbindung, zum Teil plumper, undifferenzierter Antiamerikanismus statt berechtigter Kritik an der aktuellen US-Administration. Fatal auch die totale Isolation der Partei – nicht nur innenpolitisch, sondern ebenso in der EU und im Europäischen Parlament. Während die ehemaligen europäischen Partnerparteien der AfD entweder regieren oder kurz vor einer Regierungsbeteiligung stehen, hat sie es nicht einmal geschafft, in eine der neuen Mitte-Rechts-Fraktionen aufgenommen zu werden. Stattdessen arbeitet man jetzt mit Kleinstparteien vom äußersten rechten Rand zusammen. Und innenpolitisch sind trotz zuletzt guter Wahlergebnisse keine realistischen Machtoptionen erkennbar – daran werden auch die Wahlen im Osten nach meiner Einschätzung nichts ändern.
So schmerzlich diese Erkenntnis ist: Das Projekt AfD, so wie wir es 2013 aus vielen guten Gründen gestartet haben, ist gescheitert. Das Ziel, einen grundlegenden politischen Wandel in Deutschland herbeizuführen und die bereits damals klar erkennbaren Risiken für die deutsche Gesellschaft und den Wirtschaftsstandort Deutschland politisch zu entschärfen, wird die Partei – jedenfalls kurz- und mittelfristig – nicht mehr erreichen.
Die Gründe für dieses Scheitern sind vielfältig. Die hausgemachten Ursachen habe ich angesprochen. Andere kommen hinzu: das undemokratische Vorenthalten parlamentarischer Rechte, die Stigmatisierung durch den politischen Gegner und weite Teile der Medien, vor allem aber die gesamtgesellschaftliche Ausgrenzung, die es in dieser Form in der Bundesrepublik noch nie gegeben hat. Letztere hat dazu geführt, dass es sich niemand, der sozial oder beruflich irgendetwas zu verlieren hat, noch leisten kann, sich in der AfD zu engagieren oder sich auch nur offen zu ihr zu bekennen. Was bleibt ist eine Wagenburg, die sich selbst immer mehr abschottet und in der die Gefahr der Radikalisierung wächst.
Mein Ziel war es immer, politisch etwas zu bewegen. Wie und in welcher Partei ich dieses Ziel erreiche, ist für mich zweitrangig. Auch die AfD ist nicht um ihrer selbst willen oder für die persönliche Bereicherung da, sondern sie ist nur Mittel zu einem einzigen Zweck: Die mittlerweile in fast allen Bereichen unhaltbaren Zustände in unserem Land zu verändern. Wenn man erkennt, dass dies in den vorhandenen Strukturen und unter den gegebenen Umständen nicht mehr möglich ist, dann ist es Zeit, die Konsequenzen daraus ziehen.
Aus diesem Grund habe ich heute nach über 11-jähriger Mitgliedschaft, wie viele andere vor mir, meinen Austritt aus der Alternative für Deutschland erklärt.
Meine Arbeit im Landtag bleibt davon unberührt, auch meine kommunalpolitische Tätigkeit in Trier werde ich fortsetzen. Die dortige Stadtratsfraktion hat bereits signalisiert, dass sie weiterhin unter meinem Vorsitz arbeiten möchte, selbst wenn ich nicht mehr der AfD angehören sollte.
Mir ist klar, dass ich mit dieser Entscheidung viele enttäuschen werde. Das schmerzt mich sehr, aber es ist unvermeidlich. Ausdrücklich danke ich allen aufrechten Parteifreunden, die in der Vergangenheit trotz großen innerparteilichen Drucks solidarisch zu mir gehalten und mich unterstützt haben – in Trier, in Rheinland-Pfalz und darüber hinaus. Möge ihre politische Arbeit auch in Zukunft dem Wohl unseres Landes und seiner Bürger dienen!

Euer ehemaliger Landes- und Fraktionsvorsitzender
Michael Frisch MdL